Die parallele Ausübung mehrerer Tätigkeiten hat klare Auswirkungen auf die Sozialversicherung. In der Schweiz sind die wichtigsten Bereiche: AHV/IV/EO (1. Säule), Pensionskasse (BVG) bzw. 2. Säule, ALV (Arbeitslosenversicherung) und Unfallversicherung. Im Folgenden werden die Regeln und Besonderheiten dieser Versicherungen im Umgang mit Doppeltätigkeiten erläutert.
AHV/IV/EO – Beiträge zur 1. Säule
Jede erwerbstätige Person in der Schweiz muss Beiträge an die AHV, IV und EO zahlen – dies gilt für jedes Einkommen. Bei Doppeltätigkeit bedeutet dies: Alle Einkünfte unterliegen den AHV-Beiträgen, die je nach Art der Tätigkeit getrennt berechnet werden. Ein Einkommen von 40.000 CHF in einer abhängigen Beschäftigung führt beispielsweise zu den üblichen Lohnabzügen (je 5,3 % für Arbeitnehmer und Arbeitgeber). Zusätzlich sind 15.000 Franken aus freiberuflicher Tätigkeit ebenfalls AHV-pflichtig, allerdings als Selbstständiger (gestaffelter Satz von ca. 5–10 % des Nettogewinns, abhängig vom Einkommen).
Es gibt jedoch kleine Einkommensgrenzen und Sonderregelungen: Beträgt das Nebeneinkommen aus der selbstständigen Tätigkeit weniger als 2.300 Franken pro Jahr, müssen keine AHV-Beiträge bezahlt werden, es sei denn Sie wünschen dies ausdrücklich. Diese Grenze soll geringfügige Nebeneinkünfte (z. B. Hobby-Einnahmen) entlasten. Wichtig: Diese Grenze gilt pro Jahr und pro Person für selbständige Nebeneinkünfte. Verdienen Sie mehr als 2.300 Franken, ist die Anmeldung bei der AHV-Ausgleichskasse obligatorisch. Auch wenn Sie bereits aus Ihrer Haupttätigkeit AHV-Beiträge bezahlen, müssen Sie für die Nebentätigkeit Beiträge entrichten – die Nebentätigkeit muss separat angemeldet und abgerechnet werden. Die Behörde prüft formell, ob eine selbstständige Tätigkeit vorliegt (siehe Hinweis zur Scheinselbstständigkeit in Abschnitt 6).
Für unselbstständige Nebenerwerbstätigkeiten (z. B. einen Minijob neben der Hauptbeschäftigung) gilt eine ähnliche Regelung: Einkünfte bis zu CHF 2'300 pro Jahr und Arbeitgeber sind AHV-befreit, es sei denn, der Arbeitnehmer beantragt freiwillig Beitragsabzüge. Viele Arbeitgeber verlangen von Arbeitnehmern, die auf die Abzüge verzichten, eine schriftliche Bestätigung, um zukünftige Belastungen zu vermeiden. (Eine Ausnahme bilden Hausangestellte: Hier sind Beiträge unabhängig vom Einkommen immer fällig.)
Zusätzlich gilt eine Koordinationsregel: Verdient jemand weniger als CHF 9'300 aus einer selbstständigen Nebentätigkeit und bezieht ein unselbständiges Gehalt von mindestens CHF 4'702 (die Schwellenwerte variieren leicht), kann die Ausgleichskasse die Beiträge für die Nebentätigkeit kürzen. So wird eine unverhältnismäßige Belastung derjenigen vermieden, die bereits durch eine unselbständige Tätigkeit einen erheblichen Beitrag leisten. Ob und wie diese Kürzung erfolgt, entscheidet die Ausgleichskasse auf Anfrage.
Praxishinweis: Melden Sie eine selbstständige Nebentätigkeit umgehend bei der Ausgleichskasse, sobald sie relevant wird. Nach der Anmeldung erhalten Sie in der Regel vorläufige Rechnungen auf Basis der geschätzten Einkünfte. Die endgültige Abrechnung erfolgt nach Ihrer Steuerveranlagung. Durch die Anmeldung vermeiden Sie zudem, dass ein Kunde rückwirkend als Ihr Arbeitgeber gilt (siehe Scheinselbstständigkeit in Punkt 6). Trennen Sie zudem Haupt- und Nebeneinkünfte klar – idealerweise mit getrennten Konten/Buchhaltungen, um der AHV Gewinne nachweisen zu können. Da die AHV keine umfassende Personensicht hat, muss jede Einkunftsart separat veranlagt und abgerechnet werden.