Gesetzliche Pausen und Arbeitszeiten in der Schweiz

Ein Leitfaden für Freiberufler und alle anderen

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Das Schweizer Arbeitsrecht, insbesondere die Arbeitszeit- und Pausengesetze, haben sich von Fabrikschutzmaßnahmen des 19. Jahrhunderts zu einem modernen Rahmen entwickelt, der die Gesundheit und Ausgewogenheit der Arbeitnehmer in den Vordergrund stellt. Das Schweizer Arbeitsgesetz (ArG) schreibt Mindestpausen vor, die sich nach der täglichen Arbeitszeit richten: 15 Minuten bei über 5,5 Stunden, 30 Minuten bei über 7 Stunden und 60 Minuten bei über 9 Stunden. Die wöchentliche Arbeitszeit ist auf 45–50 Stunden begrenzt, mit mindestens 11 Stunden täglicher Ruhezeit.

Diese Regeln gelten jedoch in erster Linie für Arbeitnehmer, nicht für Freiberufler oder Selbstständige, die zwar eine größere Flexibilität genießen, aber auch die volle Verantwortung für ihr eigenes Wohlergehen, ihre soziale Absicherung und ihre Steuern tragen.

Dieser Artikel untersucht die historischen Wurzeln dieser Gesetze, die aktuelle Landschaft und gibt praktische Ratschläge für Schweizer Freiberufler – und bietet gleichzeitig wertvolle Einblicke für Arbeitnehmer, Arbeitgeber und internationale Beobachter, die an einer ausgewogenen Arbeitskultur interessiert sind. Das Verständnis dieser Vorschriften kann dazu beitragen, Burnout zu verhindern, die Einhaltung der Vorschriften sicherzustellen und die einzigartigen Herausforderungen der selbstständigen Arbeit in einer der produktivsten Volkswirtschaften Europas hervorzuheben.

Historischer Hintergrund

Von Fabrikhallen zum Bundesschutz

Der Weg der Schweiz hin zu geregelten Arbeitszeiten und Pausen begann mit der industriellen Revolution, als die schnelle Mechanisierung zu ausbeuterischen Bedingungen in Fabriken, insbesondere in der Textilindustrie, führte. Der Kanton Glarus leistete 1864 mit dem Fabrikpolizeigesetz Pionierarbeit, indem er die tägliche Arbeitszeit auf 12 Stunden begrenzte und Nachtarbeit für Kinder unter 14 verbot. Diese lokale Initiative inspirierte andere; Bis 1872 reduzierte Glarus die Grenze auf 11 Stunden. Andere Kantone folgten, doch Unstimmigkeiten machten die Notwendigkeit nationaler Standards deutlich.

Mit der Revision der Schweizerischen Bundesverfassung von 1874 wurde der Bund ermächtigt, Gesetze zu Arbeitsfragen zu erlassen (Artikel 34 BV). Im Jahr 1877 erließ die Schweiz das bahnbrechende Bundesgesetz über die Fabriken, eines der ersten nationalen Arbeitsschutzgesetze der Welt. Es begrenzte die Arbeitszeit für Erwachsene auf **elf Stunden pro Tag, verbot Kinderarbeit unter 14 und führte Fabrikinspektionen ein. Dieses Gesetz war international innovativ, da es in die Vertragsfreiheit eingriff, um der Gesundheit angesichts wachsender Arbeiterbewegungen und Streiks Vorrang einzuräumen.

Im frühen 20. Jahrhundert kam es zu Erweiterungen: Im 1902 wurde der Schutz über Fabriken hinaus auf Handwerk und Handel ausgeweitet. Die Reformen nach dem Zweiten Weltkrieg gingen auf umfassendere gesellschaftliche Bedürfnisse ein und gipfelten im Arbeitsgesetz (ArG) von 1964, das ab 1966 in Kraft trat. Dieses ersetzte das veraltete Fabrikgesetz, standardisierte die Regeln branchenübergreifend und ließ gleichzeitig kantonale Abweichungen zu. Wichtige Überarbeitungen im Jahr 1998 modernisierten es weiter und berücksichtigten EU-Einflüsse durch bilaterale Abkommen, obwohl die Schweiz außerhalb der EU bleibt.

Diese Entwicklungen spiegeln die konsensorientierte Demokratie der Schweiz wider, die durch Referenden und Sozialpartnerschaften ein Gleichgewicht zwischen Arbeitgeberinteressen und Arbeitnehmerrechten herstellt. Für Freiberufler von heute unterstreicht diese Geschichte einen Wandel von starren Fabrikarbeitszeiten hin zu flexibler Selbstständigkeit, was an die vorindustrielle Ära der unabhängigen Handwerker erinnert.

Der aktuelle Stand

Was das Gesetz über Arbeitszeiten und Pausen sagt

Heute bilden das Arbeitsgesetz (ArG) und seine Verordnungen (ArGV 1–5) das Rückgrat der schweizerischen Arbeitsvorschriften, die vom Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) überwacht werden. Diese gelten für die meisten Beschäftigten im privaten Sektor, ausgenommen die öffentliche Verwaltung, die Landwirtschaft und bestimmte Führungskräfte.

Arbeitszeit

Wöchentliches Maximum

45 Stunden für Industrie-, Büro- und technische Arbeiter; 50 Stunden für andere (z. B. Verkauf, Handwerk). Überstunden werden mit 125 % des Lohns oder Freizeit vergütet.

Tageslimits

In der Regel 9 Stunden, durch Überstunden auf 10 Stunden erweiterbar. Nachtarbeit (20:00–6:00 Uhr) ist auf 9 Stunden innerhalb eines 10-Stunden-Fensters inklusive Pausen beschränkt.

Ruhezeiten

Mindestens 11 zusammenhängende Stunden tägliche Ruhezeit, in Ausnahmefällen auf 8 Stunden reduzierbar. Die wöchentliche Ruhezeit beträgt einen ganzen Tag (normalerweise Sonntag), mit Ausgleich für Schichtarbeit.

Pausen

Pausen sind obligatorisch, um Ermüdung vorzubeugen und die Gesundheit zu fördern. Sie sollten idealerweise in der Mitte der Schicht eingelegt werden. Sie werden nicht als Arbeitszeit angerechnet, sofern nicht vertraglich anders vereinbart.

Tägliche Arbeitszeit Mindestpausendauer
Bis zu 5,5 Stunden Keine obligatorische Pause
Über 5,5 Stunden Mindestens 15 Minuten
Über 7 Stunden Mindestens 30 Minuten
Über 9 Stunden Mindestens 60 Minuten

Pausen können aufgeteilt werden (z. B. zwei 15-minütige Pausen zu insgesamt 30 Minuten), aber jeder Abschnitt muss mindestens 15 Minuten lang sein, wenn er länger als eine halbe Stunde ist. Für Jugendliche unter 18 Jahren gelten strengere Regeln: längere Pausen und keine Nachtarbeit.

Kurze Unterbrechungen wie Toilettengänge sind keine formellen Pausen, sollten aber nicht zum Ausstempeln führen, es sei denn, sie werden missbraucht. Arbeitgeber müssen Pausenmöglichkeiten bereitstellen, und Gesamtarbeitsverträge (GAV) erweitern diese Mindestanforderungen häufig.

Die Durchsetzung erfolgt durch kantonale Arbeitsinspektoren, bei Verstößen verhängen sie Geldstrafen. Im Jahr 2023 berichtete das SECO von einem verstärkten Fokus auf die Fernarbeit, bei der die Erfassung von Pausen eine Herausforderung darstellt.

Besonderheiten für Schweizer Freelancer

Während das ArG Arbeitnehmer schützt, unterliegen Freiberufler (Freelancer oder Selbstständige) als unabhängige Auftragnehmer dem Obligationenrecht (OR) und nicht dem Arbeitsgesetz. Das bedeutet: keine Pflichtpausen, Stundenbegrenzungen oder bezahlte Überstunden – Sie legen Ihren Zeitplan selbst fest, jedoch auf Ihr eigenes Risiko.

Eine wesentliche Falle ist die „Scheinselbständigkeit“, bei der Freiberufler de facto Arbeitnehmer sind (z. B. feste Arbeitszeiten, keine anderen Kunden). Bei Nachweis gilt das ArG rückwirkend und kann zu Nachzahlungen für Pausen und Sozialbeiträge führen. Kriterien sind unter anderem wirtschaftliche Abhängigkeit, Nutzung von Arbeitgeberinstrumenten und fehlendes unternehmerisches Risiko. Um als wirklich selbstständig zu gelten, müssen Sie sich bei der Ausgleichskasse der AHV (Alters- und Hinterlassenenversicherung) anmelden, Mehrere Kunden nachweisen und Ihre Rechnungsstellung selbst erledigen.

Freiberufler müssen die Sozialversicherungen selbst finanzieren: AHV/IV/EO (Rente, Invalidität, Mutterschaft – etwa 10–15 % des Einkommens), optionale berufliche Vorsorge (BVG) und Unfallversicherung (UVG). Steuern werden selbst deklariert, wobei die Mehrwertsteuer ab einem Jahresumsatz von 100.000 CHF obligatorisch ist. EU/EFTA-Bürger können problemlos freiberuflich tätig sein, Nicht-EU-Bürger benötigen jedoch eine Genehmigung.

Nützliche Tipps und verwandte Informationen

Für Freelancer sind freiwillige Pausen entscheidend für die Produktivität – Studien zeigen, dass regelmäßige Pausen Fehler um bis zu 20 % reduzieren und Burnout vorbeugen. Tools wie Pomodoro (25 Minuten Arbeit, 5 Minuten Pause) passen Mitarbeiterregeln an ein unabhängiges Leben an. Erfassen Sie Stunden mit Apps (z. B. Toggl), um korrekt abzurechnen und Ihre Gesundheit zu überwachen.

Zusätzliche Vorteile: Die fünf Wochen bezahlten Urlaub für Angestellte in der Schweiz gelten nicht für Freelancer. Bauen Sie daher Puffer in Verträge ein. Homeoffice-Abzüge (bis zu 3.200 CHF/Jahr) und Berufsverbände wie syndicom bieten rechtliche Unterstützung.

International ist die durchschnittliche Arbeitswoche von 41 Stunden in der Schweiz hoch, aber produktiv und zählt zu den OECD-Spitzenreitern in Sachen Work-Life-Balance. Für Expats oder Grenzgänger harmonisieren bilaterale EU-Abkommen einige Regeln.

Im Wesentlichen fördern diese Gesetze die Nachhaltigkeit, egal ob Freiberufler oder Arbeitnehmer. Freiberufler: Setzen Sie auf Flexibilität, aber achten Sie auf den Schutz Ihrer Mitarbeiter. Arbeitnehmer: Kennen Sie Ihre Rechte, um in der dynamischen Schweizer Wirtschaft erfolgreich zu sein. Im Zweifelsfall wenden Sie sich an SECO oder einen ArbeitsrechtlerVorbeugen ist besser als Streiten.