Vom Freiberufler zum Gründer

The Real Difference Between Einzelfirma and GmbH

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Herzlichen Glückwunsch! 🎉👏 Wenn Sie das hier lesen, läuft Ihr Freelance-Business in der Schweiz wahrscheinlich gut. Sie beherrschen die Grundlagen der Einzelfirma (Einzelunternehmen), kennen sich mit Rechnungen aus und Ihre Milchbüchlein sind ausgeglichen.

Jetzt denken Sie aber an den nächsten Schritt: Die GmbH (auf Deutsch) oder Sàrl (auf Französisch).

Viele Artikel langweilen Sie mit Statuten und Notargebühren. Wir werden den ganzen Schnickschnack überspringen und uns auf die Wahrheit konzentrieren: Was ändert sich tatsächlich für Sie – den Unternehmer –, wenn Sie am Tag nach der Registrierung Ihres Unternehmens aufwachen?

Der rechtliche Wandel

Sie sind nicht mehr das Unternehmen

Als Freiberufler (Einzelfirma) sind Sie und Ihr Unternehmen rechtlich eine Person. Wenn Sie einen Laptop kaufen, haben Sie ihn gekauft. Wird das Unternehmen verklagt, werden auch Sie verklagt. Ihr privates Bankkonto und Ihr Geschäftsvermögen haften im Prinzip gemeinsam.

Der GmbH Wechsel: Mit der Gründung einer GmbH schaffen Sie eine neue juristische Person.

  • Das Unternehmen ist nun eine eigenständige Einheit. Es hat eigene Rechte, eigenes Geld und eigene Schulden.

  • Sie sind nun zweierlei: Gesellschafter (Sie sind Eigentümer des Unternehmens) und Mitarbeiter (Sie arbeiten für das Unternehmen).

Diese Trennung ist der bekannte Haftungsschutz – geht das Unternehmen in Konkurs, sind Ihre privaten Ersparnisse in der Regel sicher (es sei denn, Sie haben strafrechtlich oder fahrlässig gehandelt). Diese Trennung führt jedoch zu einer grundlegenden Veränderung im Umgang mit Geld.

Der Wandel in der Buchhaltung

Auf Wiedersehen Milchbüechli, Hallo Doppeleintrag

Hier geraten die meisten Freelancer ins Grübeln. Sie nutzen vielleicht dieselbe Software (wie Bexio oder Klara), aber die Art und Weise, wie Sie Ihre Einnahmen und Ausgaben erfassen, wird jetzt komplexer.

❶ Die alte Art: Die "Milchbüechli"

Als Freelancer mit einem Umsatz unter 500.000 CHF haben Sie wahrscheinlich die einfache Buchhaltung verwendet.

  • Logik: Einnahmen? Gut, erfassen. Ausgaben? Erfassen.

  • Ergebnis: Einnahmen minus Ausgaben = Gewinn.

  • Steuer: Sie tragen diesen Gewinn in Ihre private Steuererklärung ein. Fertig.

❷ Der neue Weg: Doppelte Buchführung

Eine GmbH muss die doppelte Buchführung anwenden. Statt nur einer Transaktionsliste müssen Sie nun jährlich zwei wichtige Dokumente für das Finanzamt erstellen.

Die Gewinn- und Verlustrechnung -> „Der Film“

Sie ähnelt Ihrer bisherigen Vorgehensweise. Sie erzählt die Geschichte Ihres Geschäftsjahres.

  • Was sie zeigt: Einnahmen (Umsatz) vs. Ausgaben (Gehälter, Miete, Software) über einen bestimmten Zeitraum (z. B. 1. Januar bis 31. Dezember).

  • Das Endergebnis: Gewinn oder Verlust.

  • Der Haken: Anders als zuvor ist Ihr eigenes Gehalt nun eine Ausgabe! In der Einzelfirma war Ihr „Gewinn“ Ihr Gehalt. In einer GmbH zahlt Ihnen das Unternehmen ein Gehalt (wodurch der Gewinn sinkt), und der verbleibende Gewinn gehört dem Unternehmen, nicht Ihnen.

Die Bilanz -> „Die Momentaufnahme“

Dies ist die neue Anforderung, die viele verwirrt. Während die Gewinn- und Verlustrechnung einem Film gleicht, der ein ganzes Jahr umfasst, ist die Bilanz ein Foto, aufgenommen in einer einzigen Sekunde: 23:59 Uhr am 31. Dezember.

Sie fragt nicht: „Wie viel haben wir verdient?“, sondern: „Wie gesund sind wir aktuell?“. Sie hat zwei Seiten, die immer ausgeglichen sein müssen:

  • Linke Seite (Vermögen): Was dem Unternehmen gehört.

  • Bargeld auf dem Bankkonto.

  • Computer und Ausrüstung.

  • Offene Rechnungen (Geld, das Ihnen Kunden schulden).

  • Rechte Seite (Verbindlichkeiten): Wer hat dafür bezahlt?

  • Schulden: Geld, das Lieferanten oder Banken geschuldet wird.

  • Eigenkapital: Das von Ihnen eingebrachte Kapital (das Startkapital von 20.000 €) zuzüglich der über die Jahre erwirtschafteten Gewinne.

Warum ist das wichtig? In Ihrer alten „Milchbüchli“ war der Kauf eines Laptops für 3.000 CHF lediglich eine Ausgabe. In der Bilanz ist dieser Laptop jedoch ein Vermögenswert. Er steht auf der linken Seite Ihrer Bilanz und verliert mit den Jahren langsam an Wert (Abschreibung). Das verändert die Darstellung Ihres Gewinns.

Die Kapitalflussrechnung

Streng genommen sind kleine Schweizer GmbHs oft gesetzlich von der Abgabe einer vollständigen Kapitalflussrechnung befreit (OR Art. 961), aber Ihr Steuerberater wird wahrscheinlich eine erstellen, und Sie müssen sie unbedingt verstehen.

Warum? Weil Gewinn nicht gleich Bargeld ist.

  • Szenario: Sie stellen am 20. Dezember eine Rechnung über 50.000 CHF aus.

  • Gewinn- und Verlustrechnung: „Super! +50.000 Umsatz! Großer Gewinn!“

  • Kapitalflussrechnung: „Null.“ (Weil der Kunde noch nicht bezahlt hat).

  • Bilanz: Zeigt die „Forderungen“ (Geld, das Ihnen zusteht).

Wenn Sie nur Ihren Gewinn betrachten, denken Sie vielleicht, Sie seien reich und kaufen einen neuen Server. Doch wenn Sie Ihren Cashflow betrachten, erkennen Sie, dass Ihr Bankkonto leer ist, bis der Kunde zahlt. Die Kapitalflussrechnung bildet den tatsächlichen Geldfluss ab und entlarvt die Buchhaltungstricks.

Die "Pizza-Regel"

Die am schwersten zu überwindende Gewohnheit

Das ist die gefährlichste Falle für neue GmbH-Inhaber.

In einer Einzelfirma: Sie haben Hunger. Sie nehmen die Visitenkarte, kaufen sich eine Pizza zum Abendessen und vielleicht noch ein Videospiel.

Buchhalterische Konsequenz: Sie verbuchen es einfach als „Private Entnahme“. Es handelt sich nicht um eine Betriebsausgabe, daher mindert es nicht Ihre Steuern, ist aber völlig legal. Es ist Ihr Geld.

In einer GmbH: Sie haben Hunger. Sie nehmen die Visitenkarte, um sich eine Pizza zu kaufen.

Buchhalterische Konsequenz: Diebstahl. (Streng genommen: Veruntreuung). Das Geld gehört der Firma, nicht Ihnen. Sie dürfen Firmengelder nicht für private Ausgaben verwenden.

Wie kann man Geld abheben?

  1. Gehalt: Sie zahlen sich selbst ein monatliches Gehalt aus (unterliegt der Sozialversicherung/AHV).

  1. Dividenden: Sie erhalten einen Anteil am Gewinn nach Steuern (einmal jährlich).

  1. Ausgaben: Sie bezahlen nur Geschäftsausgaben.

Wenn Sie versehentlich die Visitenkarte für private Zwecke verwenden, entsteht eine "Girokonto"-Schuld (Kontokorrent). Im Grunde leiht Ihnen das Unternehmen Geld. Zahlen Sie diesen Kredit nicht inklusive Zinsen zurück, behandeln die Finanzbehörden ihn als versteckte Dividende und besteuern ihn entsprechend.

Abschluss

Lohnt es sich?

Der Wechsel zu einer GmbH ist ein Zeichen von Reife. Er schützt Ihre privaten Ersparnisse, wirkt professioneller auf Firmenkunden und kann Ihnen Steuern sparen, sobald Ihr Gewinn eine bestimmte Grenze überschreitet (üblicherweise ca. 100.000–150.000 CHF).

Doch der Preis dafür ist Disziplin. Sie verabschieden sich von der Denkweise „Ich habe 100.000 verdient, also habe ich 100.000“ und verfolgen stattdessen einen strukturierten Ansatz:

_ "Das Unternehmen hat 100.000 erwirtschaftet. Mir wurden 60.000 CHF Gehalt gezahlt. Die Ausgaben betrugen 20.000 CHF. Das Unternehmen hat nun einen Gewinn von 20.000 CHF. Die Bilanz des Unternehmens zeigt eine gesunde Bilanz. Ich werde nun die Gesellschafterversammlung (mich selbst) fragen, ob ich eine Dividende ausschütten darf."_

Das klingt kompliziert, zwingt Sie aber dazu, ein Unternehmen aufzubauen, dessen Wert unabhängig von Ihrem persönlichen Bankkonto ist. Wenn Sie bereit sind, nicht länger nur „für sich selbst zu arbeiten“, sondern „ein Unternehmen zu führen“, ist die GmbH das perfekte Vehikel für Ihren Weg.